Design Thinking

Eine weitere Methode, die oft im Zusammenhang mit Agilität erwähnt wird, ist Design Thinking. Dabei handelt es sich um einen interdisziplinären Ansatz, der den Menschen in den Mittelpunkt nehmen will. Streng genommen ist Design Thinking keine festgelegte Methode, sondern formuliert eine Arbeitsweise anhand von Stichpunkten. Durch diesen flexiblen Ansatz lässt sich Design Thinking jedoch sehr gut in verschiedene Prozesse integrieren.

Design Thinking - Kreative Nutzerorientierte Lösungen finden

Ansatz von Design Thinking

Der Name deutet darauf hin, was Design Thinking ausmacht: Es werden Methoden aus dem Design mit einer forschenden Geisteshaltung verknüpft. Dabei steht der kreative, ergebnisoffene Prozess im Mittelpunkt.

Es existiert keine grundlegende Theorie über den Ansatz. Durch die inhärente Interdisziplinarität gestalten sich Prozesse, die unter dem Titel Design Thinking formieren, jeweils anders. Diese “Unschärfe” ist jedoch nocht unbedingt eine Schwäche, sondern ermöglicht einen breiten Anwendungsbereich für den Ansatz.

Design Thinking geht auf die drei Professoren Winograd, Leifer und Kelley zurück. Die beiden Informatiker und der Ingenieur entwickelten die Grundlagen des interdisziplinären Ansatzes. Im Laufe der Arbeit wurde der Name Design Thinking gefunden. In dieser Zeit wurde auch Hasso Plattner auf das Konzept aufmerksam. In Kooperation mit den drei Begründern der Methode gründete der SAP-Gründer die School of Design Thinking, die bis heute am HPI besteht. Die Vorreiter der Methode sind dort regelmäßige Gastdozenten.

Grundlegende Ideen

Das grundlegende Prinzip besteht darin, eine interdisziplinäre Sichtweise auf eine bestimmte Problemstellung zu erarbeiten. Dabei wird auf drei Aspekte besonderes Augenmerk gelegt:

  • multidisziplinäres Team: um eine optimale Synergie zu erzeugen und wenig “Betriebsblindheit” zu riskieren, sollte ein Team aus Mitgliedern unterschiedlicher Profession bestehen
  • variable Räume: um einen kreativen Austausch zu ermöglichen, sind die Räumlichkeiten entscheidend – verrückbares Mobiliar und vielfältige Ausstattungsmerkmale helfen dem schrankenlosen Denken
  • iterativer Prozess: einzelne Schritte innerhalb des Prozesses erlauben das Bündeln kreativer Energie in einem strukturierten Ablauf

Die Wechselwirkung der drei Aspekte wird als optimaler Nährboden für fruchtbare kreative Prozesse verstanden.

Mensch im Mittelpunkt

Ein wichtiges Merkmal von Design Thinking ist zudem, dass der Mensch im Mittelpunkt der Überlegungen steht. Dazu betrachtet man die Faktoren Nutzen, Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit aus der menschlichen (bzw. Nutzer-) Sicht. Die Betonung des menschlichen Blickwinkels soll davor schützen, eine zu technokratische Sichtweise einzunehmen.

Design Thinking Prozess

Schritte im Design Thinking

Wenn die Voraussetzungen Team und Raum gegeben sind, kann der Design Thinking Prozess beginnen. Er besteht dabei aus sechs verschiedenen Schritten, die aufeinander aufbauen. Weil es kein Standardwerk des Design Thinking gibt, haben diese Schritte je nach Publikation verschiedene Namen. Der Zweck des jeweiligen Schrittes wird jedoch ähnlich dargestellt. Die sechs Schritte sind:

  1. Verstehen
  2. Beobachten
  3. Standpunkt definieren
  4. Ideen finden
  5. Prototyp
  6. Testen

Verstehen

Der erste Schritt im Prozess ist, sich der Fragestellung bewusst zu werden. Bereits in diesem Schritt wird die Notwendigkeit eines interdisziplinären Teams deutlich: Ein Produktdesigner wird an eine bestimmte Fragestellung anders herangehen als eine Softwareentwicklerin.

Deswegen besteht der erste Schritt darin, die Problemstellung von verschiedenen Seiten her zu erfassen und das Team auf eine gemeinsame Sichtweise einzuschwören. Konkrete Einzelfragen für diesen Schritt können sich etwa auf die Rahmenbedingungen oder Zielgruppe, für die eine Lösung entwickelt werden soll, beziehen.

Beobachten

In diesem Schritt versucht das Team ausgehend von seinem vorher erarbeiteten Verständnis für die Problemstellung zu erfahren, welche Bedürfnisse der Kunde mitbringt. Dabei kann das vorher erarbeitete Verständnis hilfreich sein, aber auch komplett über Bord gehen.

Die Beobachtung kann durch verschiedene Formen der Interaktion mit dem Kunden unterstützt werden. Dabei bieten sich etwa Rollenspiele oder Interviews an.

Am Schluss der Beobachtung steht im Idealfall ein angepasstes Anforderungsprofil. Dabei hilft der Realitätsabgleich, die Grundlagen zu verfeinern. Dadurch kann das Team in die Lage versetzt werden, passende Vorschläge auszuarbeiten, denn gute Beobachtung reduziert die Gefahr von Missverständnissen.

Standpunkt definieren

Im dritten Schritt des Design Thinking werden die Erkenntnisse aus den ersten beiden zusammengeführt. Nun begibt sich das Team in das konkrete Formulieren von Anforderungen. Dazu können weitere Techniken aus dem agilen Projektmanagement, wie beispielsweise die Persona zur Hilfe genommen werden. Zum Ende dieses Schrittes hat das Team eine sehr präzise Vorstellung davon, welche genauen Anforderungen an die zu liefernde Lösung bestehen.

Ideen finden

Design Thinking BrainstormAusgehend davon beginnt die Ideenfindung, bei der ausdrücklich zunächst keine Beschränkungen hinsichtlich Praktikabilität bestehen. Erst nach der Ideensammlung beginnt eine Priorisierung nach entsprechenden Kriterien. Je nach Rahmen des Projekts stehen dabei verschiedene Kriterien, von Kosteneffizienz über Budgetierung bis hin zu technischen Barrieren der Machbarkeit, zur Verfügung.

Prototyp

Die Ideen werden dann in Prototypen überführt. Dabei können durchaus mehrere der Ideen in einen Prototypen umgesetzt werden. Wichtig ist bei diesem Prototyp, dass er nicht die Vollendung darstellt, sondern Anschauungszwecken dient.

Bei der Prototypenerstellung kann eine ganze Bandbreite an kreativen Techniken zum Einsatz kommen, je nach den Anforderungen. Besonderes Augenmerk liegt dabei darauf, dass der Kunde sich das fertige Produkt lebhaft vorstellen kann.

Testen

In der Evaluierung des Erarbeiteten stellt man die Lösungen vor. Dabei ist es besonders wichtig, eine offene Feedbackkultur zu haben. Die Anmerkungen der Zielgruppe spielen eine wichtige Rolle und liefern Anlass für Überarbeitungsschleifen. Es ist daher entscheidend, eine gewisse Flexibilität zu bewahren, um im Zweifel auf Feedback reagieren zu können. Am Schluss des gesamten Prozesses steht die Freigabe des Produkts.

Anwendungsbereiche für Design Thinking

Design Thinking ist, etwa im Vergleich zu Scrum, eine sehr lose Methode für die Zusammenarbeit. Neben den Grundprinzipien bietet es viel Spielraum für individuelle Ausgestaltung des Prozesses. Insbesondere ist kein konkreter Zeitrahmen vorgesehen, was die Methode nicht für alle Einsatzzwecke attraktiv macht.

Daher eignet sich Design Thinking vor allem dann, wenn keine wichtigen Termine an der zu lösenden Aufgabe hängen. Die intensive erste Phase, in der man im Wesentlichen Erkenntnisse über das zu lösende Problem sammelt, macht das Vorgehen besonders interessant, wenn Innovation gesucht ist. In solchen Zusammenhängen wird Design Thinking auch in verschiedenen großen Unternehmen eingesetzt.

Wegen seiner relativ freien Ausgestaltung ist Design Thinking jedoch weniger geeignet, um Aufgaben zu bewältigen, die einen engen Zeit- und Budgetrahmen haben. Zudem ist das Zusammenstellen eines Teams für einen solchen Prozess eine sehr schwere Aufgabe.

Bildnachweise

Linien, die zu Entwurf werden: #283971837 | © dampoint – stock.adobe.com

Team in Entwurfsplanung: #329286725 | © mangpor2004 – stock.adobe.com

Team diskutiert Ideen: #224339149 | © opolja – stock.adobe.com