Emotionale Intelligenz

Gefühle erkennen und verstehen – damit beschäftigt sich das Konzept der „emotionalen Intelligenz“, welches 1995 von dem amerikanischen Journalisten und Psychologen David Goleman in seinem Buch „Working with Emotional Intelligence“ vorgestellt wurde. Aber was steckt hinter der emotionalen Intelligenz und wie verbreitet ist das Konzept?

Ein Blick aufs Wesen:

Die emotionale Intelligenz setzt sich laut Goleman aus vier Kernbereichen zusammen, nämlich Selbstwahrnehmung, Selbstmanagement, Einfühlungsvermögen und Beziehungsmanagement. Durch die Selbstwahrnehmung soll eine Person mit emotionaler Intelligenz seine eigenen Gefühle erkennen und verstehen, während das Selbstmanagement die Fähigkeit umschreibt, diese Gefühle zu kontrollieren und zu lenken. Als Einfühlungsvermögen gilt nach Goleman die Fähigkeit, die Gefühle und Beziehungen anderer Menschen zu erkennen, während beim Beziehungsmanagement das Agieren auf zwischenmenschliche Beziehungen sowie gegebenenfalls das Beeinflussen derselben im Vordergrund steht. Vereinfacht ausgedrückt könnte man auch sagen, dass die emotionale Intelligenz sich aus der Selbsterkenntnis und -beherrschung sowie dem Sozialverhalten bzw. den sozialen Kompetenzen zusammensetzt.

Kritik an Goleman:

Viele Psychologen halten die emotionale Intelligenz wie Goleman sie beschreibt für unrealistisch und werfen ihm außerdem vor, ein altes Konzept lediglich neu verwertet zu haben. Denn bereits in den 20er Jahren wurde der Begriff der „sozialen Intelligenz“ von dem Intelligenzforscher und Psychologen Edward Thorndike für die Fähigkeit geprägt, die Emotionen anderer Menschen erkennen und deuten zu können. Ebenfalls oft kritisiert wurde die Ungenauigkeit beim Untergliedern der emotionalen Intelligenz. Denn Goleman vermischte in seinem Konzept erlernbare Fähigkeiten wie beispielsweise das Erkennen bestimmter Charakteristika beim Einfühlungsvermögen mit grundlegenden Persönlichkeitseigenschaften. Darum wird heutzutage weitestgehend davon ausgegangen, dass sich eine emotionale Intelligenz aus den fünf Persönlichkeitsdimensionen ableitet, wie sie die Persönlichkeitsforscher Hans Jürgen Eysenck und Raymond Bernhard Cattell aufstellten. Dazu gehören NeurotizismusExtraversionOffenheitGewissenhaftigkeit und soziale Verträglichkeit. Darum wird heutzutage eine emotionale Intelligenz auch nach drei verschiedenen Modellen betrachtet: als erlernbare Fähigkeit, als grundlegende Eigenschaft (also instinktiv) oder als Mischung von Motivationen und persönlichen Eigenschaften. Die emotionale Intelligenz, wie Goleman sie beschrieben hat, wird allerdings weitestgehend abgelehnt.

Die emotionale Intelligenz als Faktor:

Es gibt empirische Studien, die einen Zusammenhang zwischen einer emotionalen Intelligenz und dem Erfolg im Berufsleben erkennen lassen. Demnach sind Menschen, die von Natur aus empathisch begabt sind, bei ihrer Arbeit mit Mitarbeitern und Kunden erfolgreicher und werden eher in eine Position mit Führungsqualitäten befördert. Der Grundgedanke dahinter ist, dass Leute mit einer ausgeprägten emotionalen Intelligenz die Stimmungen des Umfeldes besser interpretieren und sich entsprechend verhalten können. Sie merken zum Beispiel schnell, wenn unter der Belegschaft Probleme oder Anspannungen herrschen und können diese im Einzel- oder Gruppengespräch besser ausräumen, weil sie auf ihre Mitmenschen besser eingehen können. Darum sind Menschen mit einer hohen emotionalen Intelligenz oft eine treibende Kraft in ihrem Betrieb und schaffen es eher zum Erfolg als Personen, die schlechter mit anderen Menschen umgehen können. Darum wollen auch immer mehr Menschen sich eine emotionale Intelligenz bewusst oder unbewusst aneignen und suchen sich dafür Hilfe. In Seminaren und Kursen lassen sich gewisse Kompetenzen auch trainieren. Dort kann man unter anderem lernen, bestimmte Gesichtsmerkmale, Gestiken oder Stimmungen bei anderen Menschen besser zu deuten und welche Reaktion auf welche Stimmung folgen sollte. Allerdings bedarf es oft viel Training, bis eine so erlernte emotionale Intelligenz einer Person die gleichen beruflichen Erfolge bringt wie jemandem, der von Natur aus über eine emotionale Intelligenz verfügt.

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