360 Grad Feedback

Das 360°-Feedback ist heute ein gängiger Standard der Personalauswahl und -entwicklung. Fach- und Führungskräfte wenden die Methode regelmäßig an und werden auch selbst mit ihr konfrontiert.

Das 360-Grad-Feedback ist eine Methode, die der Beurteilung von Fähigkeiten und Potenzialen eines Mitarbeiters dient. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass mehrere Hierarchieebenen einbezogen sind.

Was bedeutet 360°-Feedback?

Die Methode bedeutet, dass bei einer Beurteilung nicht nur die Meinung des Chefs zählt, sondern vielmehr das Urteil mehrerer Akteure (im Umkreis von 360°) eine Rolle spielt. Dementsprechend gibt es auch 90°-, 180°- und 270°-Feedbacks.

Ein 90°-Feedback holt das Urteil aus zwei Richtungen ein. Es zählen die Selbstbeurteilung des Mitarbeiters als Feedback-Nehmer und die Fremdbeurteilung des Chefs als Feedback-Geber. Letzterer hat das letzte Wort.

Beim 180°-Feedback geben weitere Mitarbeiter ihre Meinung ab, die hierarchisch auch unter dem Feedback-Nehmer angesiedelt sein können. Das 270°-Feedback umfasst zudem weitere Feedback-Geber Kollegen derselben Hierarchiestufe.

Beim 360°-Feedback kommt als vierte Instanz eine externe Bewertung hinzu. Das sind meistens Partner oder Kunden. Sinnvoll ist das bei hohem Kundenkontakt des Feedback-Nehmers. Ein Ziel besteht darin, die Kundenfreundlichkeit zu verbessern.

Woher kommt das 360°-Feedback?

Diese Art Rundgespräch wandte zuerst die deutsche Wehrmacht ab 1930 an, um Offiziersanwärter zu beurteilen. Später übernahmen es moderne Assessment Center. Schon in der Frühphase des 360°-Feedbacks wurden die Meinungen des Bewerbers, eines Psychologen und mehrerer leitender Offiziere eingeholt.

Hinzu kamen Outdoor Trainings und Persönlichkeitstests. In seiner heutigen Form war das 360°-Feedback in den USA ab den 1980er Jahren sehr erfolgreich. Die deutschen Großkonzerne übernahmen es alsbald, es ist heute ein Standardverfahren unter anderem bei der Lufthansa, der Allianz und im Bayer-Konzern. Die Methode ist auch als Multi-Rater-Feedback bekannt. Sie misst Kompetenzen und Leistungen von Fach- und Führungskräften aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Das Urteil kommt von denjenigen Personen, die mit dem Feedback-Nehmer beruflich am häufigsten zu tun haben. Es kommen standardisierte Fragebögen zum Einsatz, sie erleichtern die anschließende Auswertung.

Vier Phasen bei einem 360°-Feedback

  • Phase 1: Vorbereitung und Briefing: Die HR-Abteilung identifiziert alle erforderlichen Feedback-Geber. Sie informiert diese über das Vorhaben, dessen Ziel und Ablauf. Allein schon aus Gründen des Datenschutzes ist es erforderlich, dass die Beteiligten erfahren, was mit den erhobenen Daten geschieht. Teilweise werden sie anonymisiert. Falls dies geschieht, müssen die Feedback-Geber darüber Kenntnis haben.
  • Phase 2: Fragebogenerstellung, Kick-off: Ein spezialisierter Personaldienstleister entwickelt einen präzisen Fragebogen entsprechend der Ziele des 360°-Feedbacks. Es kann sich beispielsweise um eine Kompetenzanalyse oder um eine Potenzialdiagnostik handeln.
  • Phase 3: Analyse und Auswertung: Die ausgefüllten Fragebögen gehen in eine Matrix für die Ermittlung konkreter Werte (Fachkompetenz: 5, Social Skills: 4 etc.). Die Auswertung lässt sich in übersichtlichen Schaubildern darstellen. Die Phase 3 heißt daher auch Reportingphase. Damit die Ergebnisse später akzeptiert werden, sind in dieser Phase Transparenz und Nachvollziehbarkeit unerlässlich.
  • Phase 4: Debriefing und Umsetzung: Es erfolgt das Debriefing aller Teilnehmer, anschließend leitet der direkte Vorgesetzte des Feedback-Nehmers individuelle Maßnahmen ein, die sich aus den gewonnenen Erkenntnissen ableiten lassen. Er könnte eine Weiterbildung, eine Beförderung, eine Optimierung der Führung oder eine Verbesserung der Kooperation in die Wege leiten. Der Erfolg muss anschließend überwacht werden.

Vorteile eines 360°-Feedbacks

Obgleich die Methode vor allem wegen ihres Aufwands auch Kritiker hat, gilt sie doch als unschlagbar für eine vergleichsweise objektive Bewertung. Führungspersonen erhalten von ihrem unmittelbaren Umfeld nur sehr wenig konstruktive Kritik. Mitarbeiter in unteren Hierarchieebenen fürchten sich vor negativen Konsequenzen, gleich- und höherrangige Kollegen ordnen allzu oft das nötige Feedback dem ebenfalls nötigen politischen Klima im Unternehmen unter.

Da ein 360°-Feedback aber eine Rundumsicht aufgrund anonymisierter Meinungen liefert, dürften viele Ergebnisse sehr aussagekräftig sein. Natürlich lässt die Methode auch Spielraum für Intrigen, indem jemand dem Feedback-Nehmer anonym sehr negative Eigenschaften unterstellt. Doch eine extrem abweichende Einzelmeinung würde auffallen, sodass sich die Methodik in dieser Hinsicht selbst reguliert.

 

Abbildung: ©ma3ster | #195959234 – fotolia.com

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