Bewerbungsdauer: Was macht sie mit Suchenden und wie lässt sie sich verbessern?

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Die Jobsuche ist wie ein Marathon. Von der Eingangsbestätigung über das erste persönliche Kennenlernen bis hin zur finalen Entscheidung: Der Bewerbungsprozess kann die Geduld strapazieren. Nicht selten vergehen bis zur Zu- oder Absage viele Wochen. Doch warum dauert das so lange, was macht das mit dem Gemüt und wie lässt sich die Bewerbungsdauer verkürzen?

Im Schnitt warten wir einen Monat lang

Das Jobportal Glasdoor wollte es genauer wissen: Wie lange dauert der Bewerbungsprozess im internationalen Vergleich? Dafür hat es von Februar 2009 bis Februar 2015 insgesamt 345.000 Bewerbende zu ihren Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt befragt. Das Ergebnis: In Deutschland warten sie im Schnitt 28,8 Tage vom ersten Gespräch bis zur endgültigen Zu- oder Absage. Das beschert der Bundesrepublik im internationalen Vergleich einen der hinteren Ränge. Noch mehr Zeit lässt sich zum Beispiel Frankreich. Hier dauert das Einstellungsverfahren durchschnittlich knapp 32 Tage.

Die Ergebnisse der Langzeitstudie verhärten den Verdacht der Bewerbenden: Das Einstellungsverfahren dauert einfach zu lange – mit Tendenz steigend. Denn im globalen Vergleich lassen sich die Personalabteilungen heute noch vier Tage mehr Zeit für ihre Entscheidung als noch 2009. Besonders lange zieht sich der Bewerbungsprozess dabei im öffentlichen Sektor hin. Non-Profit-Organisationen, Hochschulen und Kliniken lassen sich aber auch überdurchschnittlich viel Zeit beim Recruiting.

Warum dauert das so lange?

Die Frage nach dem Warum lässt sich einfach beantworten. Die Personalabteilungen wählen ihre Belegschaft heute noch sorgfältiger aus als früher. Dies liegt vor allem an den vielen neuen Recruiting-Techniken, die ihnen zur Verfügung stehen. Telefonische und persönliche Interviews sind zwar nach wie vor die Spitzenreiter, daneben gewinnen aber auch sogenannte Backgroundchecks zunehmend an Bedeutung. Fast jeder zweite Arbeitgebende setzt heute auf die kleine Einstellungshilfe, um sich ein noch genaueres Bild vom Bewerbenden zu machen. Vor sechs Jahren machte davon nur jeder Vierte Gebrauch. Hinzu kommen umfassende Eignungs- und Persönlichkeitsprüfungen, was den Einstellungsprozess nochmals in die Länge zieht.

Wie wirkt sich die Bewerbungsdauer auf die Arbeitssuchenden aus?

In einer umfangreichen Online-Recruiting-Studie von Jobspreader werden die Auswirkungen eines langen Bewerbungsverfahrens deutlich. Denn je länger der Einstellungsprozess, desto größer der Unmut. Viele Bewerbende interpretieren die langsame Reaktion als Desinteresse an ihrer Person und ihren Qualifikationen. Es fehlt ihnen an Respekt und Wertschätzung für ihre Mühen und Fähigkeiten. So ändert sich schnell ihre Meinung: Für diesen Arbeitgebenden möchten sie nun nicht mehr arbeiten.

Zudem haben Arbeitssuchende meist nur ein begrenztes Zeitfenster zur Verfügung. Schnellstmöglich möchten sie ihre neue Stelle antreten. Umso kürzer sind sie auf dem Jobmarkt unterwegs. Lange Antwortzeiten können sie da nicht gebrauchen. So erhalten viele Personalabteilungen eine Absage vom Bewerbenden: „Ich habe mittlerweile eine andere Stelle gefunden.“

Gerade in Zeiten von Same Day Delivery und One-Klick-Bestellungen ist Geduld nämlich Mangelware. Dies gilt natürlich auch für die Jobsuche. Die Unternehmen dürfen die Geduld nicht überstrapazieren. Ansonsten können sich die Suchenden keine Zukunft mehr dort vorstellen. Maximal 1 bis 2 Wochen dürfen für viele zwischen dem Eingang der Bewerbung und der Einladung zum Vorstellungsgespräch vergehen.

Wie lässt sich die Bewerbungsdauer verkürzen?

Personalmarketing

Das externe Personalmarketing, auch Employee Attraction genannt, richtet sich speziell an potenzielle Bewerbende. Gezielt und strategisch soll es qualifizierte Talente zur Bewerbung animieren und damit die Produktivität des Betriebs steigern. Hierfür nutzen die Verantwortlichen verschiedenste Techniken. Das reicht von Social Recruiting über Imagekampagnen bis hin zum Talentpool. Auch Hochschulrecruiting, Karrieremessen sowie Nachwuchsarbeit und Ausbildungsmarketing kommen gerne zum Einsatz.

Employer Marketing

Im ersten Moment erscheinen Employer Marketing und Personalmarketing synonym. Aber es gibt einen klaren Unterschied: Das Personalmarketing soll speziell potenzielle Bewerbende ansprechen. Beim Employer Branding geht es allgemein um die Strahlkraft eines Unternehmens. Es soll sich als attraktiver Arbeitgebender darstellen. Dies gelingt zum Beispiel mit Werbemarkt-Analysen, Publikationen in Fachmedien, Reportings & Monitoring oder Personalwerbung. Daneben spielen auch Campaign-Management, Social Media-Kampagnen oder Newsletter-Marketing eine zentrale Rolle.

Automatisierung

Eine schnelle Rückmeldung nach dem Eingang der Bewerbung im Online-Portal ist der beste Start für einen erfolgreichen Recruitingprozess. Denn je schneller die Bestätigung im E-Mail-Postfach landet, desto positiver der erste Eindruck. Hier bemüht sich die Personalabteilung offensichtlich um seine Bewerbenden. Das kommt gut an. Umso wichtiger ist eine effiziente HR-Software, die Standardschritte des Einstellungsverfahrens automatisiert und so die Wartezeit verkürzt.

Unnötige Bewerbungsschritte streichen

Die aktuelle Glasdoor-Studie hat sich auch intensiv mit den konkreten Einflussfaktoren beschäftigt, die das Einstellungsverfahren künstlich aufbauschen.

  • Telefoninterviews zögern den Prozess um 6,8 bis 8,2 Tage hinaus.
  • Mit Gruppeninterviews dauert es im Schnitt 5,6 bis 6,8 Tage länger.
  • Durch das persönliche Bewerbungsgespräch kommen 4,1 bis 5,3 Tage hinzu.
  • Ein Hintergrundcheck nimmt 3,1 bis 3,4 Tage in Anspruch.
  • Ein Intelligenztest kostet 2,6 bis 4,4 zusätzliche Tage.
  • Eine Präsentation der Bewerbenden dauert im Schnitt 2,7 bis 4,2 Tage.

Viele dieser Zwischenschritte könnte die Personalabteilung auch guten Gewissens weglassen, insbesondere den Hintergrundcheck oder den Intelligenztest. Dasselbe gilt für eine zusätzliche Präsentation des Bewerbenden. Denn macht er bereits im telefonischen oder persönlichen Interview einen guten Eindruck, sind diese Zusatzprüfungen meist nicht mehr nötig. Hier darf der Personalverantwortliche gerne seiner Erfahrung, Expertise und natürlich seinem Bauchgefühl vertrauen.

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