Holokratie – kann das Arbeiten ohne Führungskräfte gelingen
Die digitale Transformation verändert Arbeitsprozesse, Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen. Agilität ist gefragt, um schneller auf Dynamiken und komplexe Anforderungen reagieren zu können. Innovative Organisationsformen, die Flexibilität, Freiraum und Agilität ermöglichen, stehen im Fokus. Im Idealfall entsteht eine Win-win-Situation für Unternehmen und Mitarbeitende.
Klassische Organisationsformen mit Top-Down-Prozessen rücken in den Hintergrund. Holokratie ist ein New-Work-Konzept, das zunehmend an Aufmerksamkeit gewinnt. Der revolutionäre Ansatz verzichtet auf ChefInnen und Führungskräfte, wie wir sie aus klassischen Organisationsmodellen kennen. Selbstorganisierte Teams arbeiten in sogenannten Kreisen eigenverantwortlich zusammen.
Selbstorganisation als Basis
Inhalt des Artikels "Holokratie – kann das Arbeiten ohne Führungskräfte gelingen"
- 1 Selbstorganisation als Basis
- 2 Organisationsstufen in der Holokratie
- 3 So funktionieren holokratische Organisationsmodelle
- 4 Chancen und Risiken der Holokratie
- 5 Ist das dynamische Modell eine zukunftsfähige Organisationsform?
- 6 So nutzen Unternehmen die Vorteile von Holokratie
- 7 Zunehmende Komplexität erfordert neue Herangehensweisen
- 8 Transformation zur Holacracy
In der modernen und komplexer werdenden Arbeitswelt sind mitdenkende MitarbeiterInnen und Teams gefragt, die eigenständig planen, Entscheidungen treffen und Probleme lösen. Selbstorganisation heißt, Aufgaben und Verantwortungen anders zu verteilen – diese werden zur Angelegenheit des Teams.
Dabei soll der eigenverantwortliche Ansatz die Motivation erhöhen und den Teams Freiraum für kreative Lösungsansätze und selbst organisierte Arbeitsprozesse bieten. MitarbeiterInnen sind in der Lage, neue Herangehensweisen zu testen, proaktiv zu handeln und Herausforderungen gemeinsam im Team zu lösen.
Daraus ergeben sich positive und negative Konsequenzen. Ein großer Pluspunkt ist die wertvolle Chance, den eigenen Arbeitsbereich aktiv mitzugestalten. Der zusätzliche Freiraum basiert auf Vertrauen und wird als Wertschätzung empfunden.
Organisationsstufen in der Holokratie
Die Unternehmensorganisation lässt sich nach diesen Selbstorganisationsstufen gestalten:
- Stufe 0 (Management-Lead): Keine Selbstorganisation, das Management gibt sämtliche Ziele und Rahmenbedingungen vor.
- Stufe 1 (Self-Managing): MitarbeiterInnen erhalten Zielvorgaben vom Management und entscheiden selbst über die Arbeitseinteilung.
- Stufe 2 (Self-Designing): MitarbeiterInnen treffen Entscheidungen zur Arbeitseinteilung, legen die Regeln und Rahmenbedingungen fest und kontrollieren sich selbst.
- Stufe 3 (Self-Governing): MitarbeiterInnen agieren unternehmerisch und treffen alle Entscheidungen selbst – von den Arbeitsinhalten und Zielstellungen bis hin zur Arbeitsweise und Erfolgskontrolle. Sämtliche Teams arbeiten autonom.
Ob und in welchem Umfang Selbstorganisation sinnvoll ist, hängt von der Organisation ab. Agile Modelle wie Holokratie stellen hohe Anforderungen an die MitarbeiterInnen. Ein Interesse am Arbeitsumfeld, der Wunsch, aktiv einen Beitrag zu leisten, eine hohe intrinsische Motivation sowie persönliche Reife, Lernbereitschaft und Kritikfähigkeit sind grundlegend.
So funktionieren holokratische Organisationsmodelle
Holacracy setzt als Organisationsmodell vollständig auf Selbstorganisation und Eigenverantwortung. Traditionelle Arbeitsstrukturen spielen keine Rolle mehr. Mitarbeitende organisieren sich in sogenannten Kreisen. Diese haben klare Zuständigkeiten und können in ihren Meetings eigenständig Entscheidungen treffen.
Die Teamzusammensetzung ist flexibel und variiert, je nach Aufgaben- und Zielstellung. Statt auf einer starren Hierarchie basiert der innovative Ansatz auf einer Kombination aus Verantwortlichkeiten und Rollen. So entsteht eine flache und agile Organisationsstruktur, die mit kurzen Entscheidungswegen für mehr Effizienz und Gestaltungsfreiraum sorgt.
Chancen und Risiken der Holokratie
Die agile Organisationsstruktur soll die Entscheidungs- und Lösungsfindung beschleunigen. Motivierte MitarbeiterInnen profitieren von mehr Freiraum und sind leistungsfähiger und kreativer – was einen positiven Effekt auf die Innovationskraft des Unternehmens hat. Durch die flache Organisationsstruktur entsteht eine offene Kommunikation, die einen schnellen Informationsaustausch ermöglicht. Kritikfähigkeit ist dabei ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine funktionierende Selbstkontrolle und Selbstregulation.
Ob das Organisationsmodell Chancen bietet, hängt mit dem Mindset der Mitarbeitenden zusammen. Wer an klassische, hierarchische Strukturen gewöhnt ist, fühlt sich in einem holokratischen Arbeitsmodell möglicherweise unsicher und orientierungslos. Diese Unsicherheit ist mit der Frage verbunden, wer Entscheidungen treffen darf und die Verantwortung dafür trägt.
Fehlen klare Schnittstellen und Kommunikationswege, funktioniert die Kommunikation zwischen den Kreisen nicht reibungslos. Das kann Konflikte begünstigen. Da MitarbeiterInnen auch Führungsaufgaben übernehmen, besteht das Risiko einer Überlastung – insbesondere, wenn Personen sich in dieser Rolle nicht wohlfühlen.
Ist das dynamische Modell eine zukunftsfähige Organisationsform?
Das Modell ist relativ jung, es liegen noch wenige wissenschaftliche Daten vor. Aktuelle Studien zeigen, dass gut organisierte holokratische Teams aufgrund von flexibleren Möglichkeiten der Entscheidungsfindung effizienter arbeiten und leistungsfähiger sind. Weitere Forschungsprojekte sind wichtig, um die Chancen und das Potenzial der Organisationsform besser zu verstehen und zu nutzen. Agilität und Innovationskraft zählen in der Wirtschaftswelt von heute zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren. Mit dem Modell lassen sich Arbeits- und HR-Prozesse modernisieren, mit positivem Effekt auf Employer Branding und Personalbindung. Unternehmen präsentieren sich als innovative Arbeitgebermarke mit sinnstiftenden Jobs.
So nutzen Unternehmen die Vorteile von Holokratie
Eine offene und transparente Kommunikation bildet die Basis. Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten müssen klar kommuniziert werden, um Missverständnissen vorzubeugen. Workshops und Schulungen bereiten auf die neue Organisationsform vor.
So lernen MitarbeiterInnen alle Basics für die erfolgreiche Selbstorganisation kennen. Flexibilität ist ein zentraler Aspekt, der sich im Arbeitsmodell und der Arbeitsumgebung widerspiegeln sollte. Flexible und hybride Arbeitsmodelle sowie dynamische Bürokonzepte mit Coworking-Desks unterstützen die Organisationsstrukturen. Einen besonders hohen Stellenwert nimmt die Feedbackkultur ein. Regelmäßige und transparente Feedbackprozesse in kurzen Zyklen helfen dabei, die Arbeit in holokratischen Teams zu optimieren.
Zunehmende Komplexität erfordert neue Herangehensweisen
Agile Konzepte erfordern komplett neue Denkweisen. Während in klassischen Organisationsmodellen das Handeln an Zielen ausgerichtet ist, geht es bei agilen Modellen darum, Muster zu erkennen und die Komplexität zu verringern. Die Struktur des Unternehmens reguliert nicht mehr die Entscheidungsmacht, stattdessen ist die Resonanz entscheidend für künftige Gestaltungsprozesse. Führungskräfte verlieren ihre Rolle als Kontrollinstanz. Stattdessen übernehmen alle MitarbeiterInnen Führungsrollen und werden zu wertvollen ImpulsgeberInnen.
Holacracy verändert die gesamte Organisationsstruktur. Hierarchien und Führungsrollen werden bewusst abgeschafft. Anstatt der Hierarchiestufen werden Aufgaben samt Lösungsfindung in den Mittelpunkt gestellt – ganz nach dem Prinzip der Aufgaben- und Leistungsorientierung. Rollen und Kreise bilden die Basis des Modells.
Kontrollmechanismen klassischer Unternehmensstrukturen und starre Jobprofile spielen keine Rolle mehr. Die hohen Anforderungen können kurz- und langfristig auch zu Überforderung führen. Das Modell verändert das Verständnis von Arbeit und Führungsstil grundlegend. Es besteht die Gefahr, dass klassische Führungskräfte das Unternehmen verlassen. Damit gehen wertvolle WissensträgerInnen verloren.
Transformation zur Holacracy
Jedes Unternehmen muss selbst entscheiden, ob Holokratie ein geeignetes Organisationsmodell ist. Dazu sollten aktuelle Prozesse analysiert und langfristige Ziele festgelegt werden. Weil die Regeln in Meetings durch die Teams selbst festgelegt werden, ist eine gute Kommunikation, Fortbildung, Flexibilität und eine sehr gute Feedbackkultur entscheidend, um die Transformation zur holokratischen Organisation erfolgreich zu gestalten.
Bildnachweis: #490486602 | © Nuthawut – stock.adobe.com
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!