Quiet Quitting (Schaubild)

Quiet Quitting

Es geht um das wichtige Thema „Human Ressources“ (HR). Übersetzt wird „Quiet Quitting“ gern mit der „stillen Kündigung“. Das mag für Arbeitgeber in Zeiten des Fachkräftemangels erstmal sehr bedrohlich klingen, doch mit einer konsequenten Kündigung hat das Ganze nicht viel zu tun.

Wünschenswerte Eigenschaften von Mitarbeitern

Quiet Quitting ist kein wissenschaftlich definierter Begriff, hat aber dennoch sehr viel mit Wirtschaftspsychologie zu tun. Um ihn besser zu verstehen, sollten wir das Pferd vielleicht mal von hinten herum aufzäumen. Einem Unternehmer kann kaum etwas Besseres passieren, als dass sich seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stark mit der Firma, in der und für die sie arbeiten, identifizieren. Zu fürchten hat der Unternehmer die genau umgekehrte Situation.

Betrachten wir in diesem Zusammenhang zunächst den Begriff des „affektiven Commitments“, der eine sehr starke emotionale Bindung an die Arbeitgeber ausdrückt. Hierbei fassen sich die Mitarbeiter selbst als Teil des Großen und Ganzen auf, sind also hoch motiviert, das Unternehmen zum Erfolg zu führen. In diesem Fall sind die Mitarbeiter auch gern bereit, weitere Aufgaben zu übernehmen, die über die Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitsvertrages hinausgehen. Dafür gibt es den Begriff „organizational citizenship behavior“ mit diesen typischen Merkmalen:

  • Die Mitarbeiter denken aktiv und zielgerichtet mit.
  • Sie machen die Vorgesetzten auf Probleme aufmerksam, wenn sie welche erkennen.
  • Sie bringen wertvolle Verbesserungsvorschläge ein.
  • Sie helfen ihren Kollegen.
  • Sie bleiben gegebenenfalls auch mal länger und lassen nicht jeden Tag pünktlich um 16 Uhr den Pinsel fallen.

Dieses wünschenswerte Verhalten entwickelt sich absolut freiwillig, bedarf keines zusätzlichen finanziellen Anreizes und stellt das ganze Gegenteil von Quiet Quitting dar.

Gegensatz des idealen Mitarbeiters

Dem diametral gegenüber steht das rein „kalkulatorische Commitment“, bei dem die Mitarbeiter ihren Arbeitgeber dahingehend ausnutzen, dass sie möglichst schnell ihre persönlichen Ziele erreichen, die da wären:

  • ein maximales Gehalt durchsetzen
  • schnell die Karriereleiter emporsteigen
  • minimaler Arbeitseinsatz
  • klare Abgrenzung zwischen Berufs- und Privatleben
  • Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber, wenn dieser bessere Konditionen bietet

Aber auch das bedeutet nicht Quiet Quitting, denn Letzteres liegt irgendwo zwischen den beiden Extremen, die hier soeben skizziert worden sind. Betrachten wir nun also den Mitarbeiter im Zustand Quiet Quittung und was ihn auszeichnet:

Er ist nicht bereit, mehr zu leisten, als im Rahmen des Arbeitsvertrages vereinbart wurde.

Sogar bezahlte Überstunden werden abgelehnt.

Diese Mitarbeiter sind keine sofortigen „Überläufer“ zur Konkurrenz und haben durchaus noch etwas übrig für ihren Arbeitsplatz, aber sie neigen schon sehr zu ganz klaren Grenzen zwischen dem Arbeitsplatz und ihrem Privatleben. Insofern liegt bei diesen Mitarbeitern keineswegs eine innere Kündigung vor.

Was ist Quiet Quitting?

Von einer inneren Kündigung sprechen wir dann, wenn ein Mitarbeiter in seinen Gedanken schon längst bei einem anderen potenziellen Arbeitgeber angekommen ist. Manchmal ist der Zorn sogar so ausgeprägt, dass der Wunsch besteht, den aktuellen Arbeitgeber so deutlich wie möglich zu schädigen. Eine konkrete Kündigung liegt nur deshalb noch nicht vor, weil der andere Arbeitgeber halt noch nicht gefunden wurde.

Ursachen von Quiet Quitting

Es gibt in der Tat Arbeitgeber, die einfach nicht genug kriegen können und die Arbeitsverdichtung bei ihren Mitarbeitern immer mehr auf die Spitze treiben, ohne die Zusatzleistungen zu honorieren. In solchen Fällen einen Rettungsanker auszuwerfen, ist eine ganz natürliche psychologische Reaktion der Mitarbeiter, die dem Arbeitgeber zugleich signalisieren soll, dass eine Kündigung möglicherweise bald im Raume steht.

Eine andere, für die Mitarbeiter belastende Situation kann sich aus einer zu massiven Forcierung der Corporate Identity ergeben. Das mag mit dem billigen Zwang des gegenseitigen Duzens beginnen, um sich in eher geheuchelten Unternehmenswerten fortzusetzen, die auf keinen Fall hinterfragt oder mit einer eigenen Meinung kritisiert werden dürfen, um schließlich darin zu gipfeln, dass es als Selbstverständlichkeit angesehen wird, Teile der Freizeit im firmeneigenen Fitnessraum oder auf der „After Work Party“ zu verbringen. Wer die freie Entscheidung seiner Mitarbeiter so manipuliert, läuft Gefahr, die sogenannte Reaktanz zu provozieren.

Andere häufige Szenarien von Quiet Quitting

Wohl dem, der auf die Kompetenzen seiner Mitarbeiter bewusst achtet und ihnen entsprechende Aufgaben zuweist. Leider passiert dies eher selten, denn die Mitarbeiter werden lediglich auf jene Posten gesetzt, die gerade dringend zu besetzen sind, ohne Rücksicht auf die Fähigkeiten und Vorlieben der Mitarbeiter. Daraus ergeben sich Unlust, Demotivation und eben auch Quiet Quitting.

Lebensphasen ändern sich

Wer einst als völlig unabhängiger junger Mensch mit riesiger Lust auf schnelle Karriere in einem Betrieb hochgradig motiviert angefangen hat, heiratet irgendwann und wird Kinder haben. Da können sich die Prioritäten im Leben drastisch verändern. In den Mittelpunkt rücken Gedanken über die Work-Life-Balance und man möchte zugunsten seiner Familie die Arbeitszeit lieber reduzieren als Überstunden machen wie früher.

Andere wieder bekommen die Diagnose über eine schwere Krankheit, das kann auch nur ein Familienmitglied betreffen, was sie dazu veranlasst, das ganze Leben unter einem vollkommen anderen Blickwinkel zu sehen.

Um geeignete Maßnahmen gegen Quiet Quitting einleiten zu können, braucht es unbedingt eine intensive Beschäftigung mit deren Ursachen im Einzelnen.

Zusammenfassung

Quiet Quitting hat viele Facetten und es nur zu verteufeln, ist auf jeden Fall der falsche Ansatz. Manche Arbeitgeber sehen in diesem Phänomen nur einen Ausdruck einer faulen Belegschaft, andere erheben es geradezu zu einer modernen Ideologie mit wachsender Anhängerschaft. Dabei kann die notwendige Diskussion um Quiet Quitting zu einem durchaus wertvollen tieferen Verständnis der gesamten Belegschaft führen und der Personalarbeit wichtige nachhaltige Impulse liefern, die das Unternehmen insgesamt voranbringen.

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