Viertagewoche – wie weniger Arbeitszeit zu mehr Effizienz führt
Die Liste der Länder mit den ersten Versuchen zur 4-Tage-Woche ist lang und umfasst unter anderem Island, England, Belgien, Saudi-Arabien, Australien, Kanada und Großbritannien. Deutschland traute sich 2024 ebenfalls im Rahmen einer Studie der Universität Münster und überraschte mit Ergebnissen, die nicht überraschend sein sollten. Denn einige der Vorzüge und die potenziellen Nachteile weniger Arbeitstage sind längst bekannt. Doch die Frage bleibt: Kann sich die verkürzte Wochenarbeitszeit bewähren?
Was bedeutet die Viertagewoche?
Inhalt des Artikels "Viertagewoche – wie weniger Arbeitszeit zu mehr Effizienz führt"
- 1 Was bedeutet die Viertagewoche?
- 2 Learnings aus Pilotversuchen, Studien und Praxiserfahrungen
- 3 Bietet weniger Wochenarbeitszeit mehr Vorteile?
- 4 Sind die Nachteile der Viertagewoche ohne Basis?
- 5 Die potenziellen Nachteile der Viertagewoche sind kein genereller Hinderungsgrund
- 6 Homeoffice und verringerte Wochenarbeitszeit: Zwei Faktoren, mit denen sich Unternehmen absetzen
Darauf gibt es keine pauschale Antwort, denn den bisher erfolgten Studien liegen jeweils unterschiedliche Parameter zugrunde. So entschied sich Island für 35 bis 36 Stunden Wochenarbeitszeit bei vollem Lohn. Mittlerweile haben isländische Arbeitnehmer das Recht auf eine 35-Stunden-Woche bei vollem Gehalt. Großbritannien zieht seit einem Modellversuch nach und hat die Arbeitszeit, nicht aber das Gehalt reduziert. In Belgien haben die Arbeitnehmer hingegen die Wahl zwischen einer 4- und 5-Tage-Woche, bei voller oder reduzierter Arbeitsstundenzahl. Wer die Arbeitsstunden reduziert, nimmt damit jedoch ein geringeres Gehalt in Kauf.
Eine europaweite oder auch nur landesweite einheitliche Regelung gibt es bisher nicht. Das bietet ein hohes Maß an Flexibilität, was angesichts der unterschiedlichen Herausforderungen in den verschiedenen Branchen von Vorteil oder gar nötig ist.
Learnings aus Pilotversuchen, Studien und Praxiserfahrungen
- gleichbleibende oder gesteigerte Effizienz und Produktivität trotz weniger Stunden
- verbesserte Mitarbeitergewinnung, -zufriedenheit und -bindung
- weniger Krankenausfälle
- erhöhte Motivation
- reduzierter Stress
- gesteigerte Resilienz
- verstärkte Integration moderner und effizienterer Verfahren
Hinzu kommen der Umweltschutz und die sinkenden Kosten. Fahren Sie seltener ins Büro, haben Sie faktisch weniger Ausgaben, mehr Freizeit und einen kleineren ökologischen Fußabdruck.
In den bisher durchgeführten und laufenden Studien kristallisiert sich branchenabhängig heraus, dass Mitarbeitende erholter, gesünder und zufriedener sind. Das gilt selbst dann, wenn bis zu 40 Stunden auf die Viertagewoche verteilt werden. Zusätzlich zeigt sich, dass der dritte freie Tag als „verlängertes Wochenende“ durchaus flexibel fallen darf. Ist in projektbezogenen Branchen phasenweise ein größerer Aufwand erforderlich, bleiben Zufriedenheit und Produktivität dennoch erhalten.
Bietet weniger Wochenarbeitszeit mehr Vorteile?
Laut dem Pareto-Prinzip lassen sich 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Aufwands oder der Zeit erreichen. Für die restlichen 20 Prozent der Ergebnisse seien 80 Prozent des Aufwands erforderlich. Aber stimmt das? Auch als Pareto-Effekt oder 80-20-Regel bekannt, wird das Phänomen immer wieder infrage gestellt. Das passiert spätestens dann, wenn Ihr Blick in deutsche Büros fällt. Viele Arbeitnehmende sitzen hier lediglich ihre Zeit ab oder fühlen sich in unsinnig langen Meetings gefangen.
Die Generation Z fordert daher, Arbeitsergebnisse zu messen und nicht die Arbeitszeit. Dem entgegenstehen zum einen veraltete Denkmuster. Zum anderen lässt sich in vielen Branchen aufgrund der nötigen Erreichbarkeit keine 4-Tage-Woche implementieren. Dennoch handelt es sich um eine valide Forderung, die dank Pilotversuchen und Studien auf einen Missstand und die Lösung hinweist. Schließlich zeigt sich, dass Mitarbeitende und Unternehmen zugleich von weniger Stunden oder aber zumindest von weniger Arbeitstagen profitieren. Der Lohnausgleich muss dafür aber gleich bleiben.
Sind die Nachteile der Viertagewoche ohne Basis?
Der klassische Lohnausgleich diente lange Zeit und dient noch heute dem Lohnerhalt bei Arbeitszeitverkürzung. Außerhalb von Krankheiten taucht er jedoch selten auf. Das sollte sich ebenso wie die steigenden Zahlen bei gesundheitlichen Ausfällen wie Burnout, Rückenschmerzen und anderen stressbedingten Problemen ändern.
Mit der 4-Tage-Woche ließen sich eben diese Missstände lösen. Arbeitnehmende sind dadurch ausgeruhter, resilienter und produktiver. Sie schaffen schneller mehr und sind weniger anfällig für die Auswirkungen von anhaltendem Distress.
Dennoch gibt es potenzielle Nachteile bei der kürzeren Arbeitswoche. Obwohl die Effizienz in einigen Unternehmen und Branchen gleich blieb oder sogar stieg, zeigten sich in anderen die fehlende Praxiseignung der verkürzten oder auf vier Tage konzentrierten Arbeitszeit.
So fiel beispielsweise bei kleinen Unternehmen mit durchgängiger Erreichbarkeit in der Studie der Universität Münster auf, dass es mehr Stress bei allen Mitarbeitenden erzeugt, mit der halben Belegschaft im Wechsel zu arbeiten. Eignung und Vorteile sind demnach nicht nur branchenabhängig. Sie werden von Faktoren wie Unternehmensgröße und -auslegung beeinflusst.
Die potenziellen Nachteile der Viertagewoche sind kein genereller Hinderungsgrund
Bei den neuen Entwicklungen der Arbeitspolitik ziehen vermeintliche Experten gerne Verallgemeinerungen heran. Ob Remote Work oder 4-Tage-Woche: Sofern es nicht für alle uneingeschränkt passt, taucht die begrenzte Eignung als allgemeines Gegenargument auf. Damit verschenken Arbeitgeber Potenzial.
Niemand fordert, dass alle in Schichten arbeiten. Und das, obwohl einige Arbeitsfelder ohne die dauerhafte Besetzung nicht auskommen. Geht es hingegen um weniger Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich, stricken so manche daraus ein Problem. Dabei beweisen die bewährten Ansätze der Gen Z und die vorhandenen Studien das Gegenteil.
Im Jahr 2024 zeigte sich in Deutschland bereits mehr Bereitschaft dazu. Zudem überraschte der Versuch mit einem Handwerkerbetrieb, der mit Einführung der Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich den Fachkräftemangel beheben konnte. Zugleich stiegen die Zufriedenheit und die Produktivität. Der Stress an den längeren Arbeitstagen fiel zwar höher aus. Dennoch war der Ausgleich in Form von Freitag bis Sonntag ein deutlicher Gewinn für das Unternehmen und die Arbeitnehmenden.
Was ebenso wie bei Home-Office oder Remote Work und breitgefächerten Verbesserungen im Weg steht, sind alte Glaubenssätze und fehlender Mut zur Änderung.
Homeoffice und verringerte Wochenarbeitszeit: Zwei Faktoren, mit denen sich Unternehmen absetzen
Als plötzlich die Notwendigkeit bestand, Menschen aus dem Homeoffice arbeiten zu lassen, war die Überraschung groß. Trotz immensen Umstellungen brach die Arbeitsleistung nicht ein. Obwohl Unternehmen damit unfreiwillig Studien absolvierten und viele Angestellte lieber bei Remote Work bleiben wollen, greift die veraltete Präsenzarbeitsmentalität um sich. Das Ergebnis sind überfüllte Büros, steigende Unzufriedenheit und erneut steigende Krankenausfälle.
Die Vorteile der verringerten Arbeitszeit bei gleichbleibendem Lohnausgleich sind mittlerweile ebenfalls nicht mehr neu. Dennoch wagen zahlreiche Unternehmen den Schritt in die Zukunft und die richtige Richtung nicht. Sie halten stattdessen an alten und nachweislich abträglichen Glaubenssätzen fest.
Daraus ergibt sich eine Chance für alle, die erfolgs- und zukunftsorientiert sind. Wer die Wochenarbeitszeit verringert oder auf vier Tage pro Woche aufteilt, erhöht die Produktivität oder hat zumindest keine Einbußen dabei. Gleichzeitig steigen die Anzahl der Bewerber, die Zufriedenheit, die Mitarbeiterbindung und die Motivation. Viele gute Gründe also, um alte Glaubenssätze zu lassen, wo sie hingehören: in der Vergangenheit.
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