Nudges (Schaubild)

Corporate Culture Nudging – Mit kleinen Anstupsern die Unternehmenskultur verändern

Die Frage, wie man andere Menschen dazu bewegen kann, etwas Bestimmtes zu tun, ist wohl so alt wie die Menschheit selbst. Dabei gezielte Methoden anzuwenden, steht ohnehin unter dem Generalverdacht der unlauteren Manipulation. Aber ist es Ihnen nicht manchmal ein Anliegen, Ihre Mitmenschen zu motivieren, mal neue Dinge auszuprobieren und zu lernen oder erprobte, aber ausgetretene Pfade zu verlassen? Dahinter muss sich keineswegs eine bösartige und durchtriebene Manipulation der Mitmenschen verbergen. Vielmehr können bestimmte Methoden Ihre Mitmenschen dazu animieren, über den sprichwörtlich eigenen Schatten zu springen, offen und mutig gegenüber Neuerungen zu sein, auch das eigene Verhalten betreffend.

Eine bislang selten genutzte Methode entspringt der Verhaltensökonomie und wird als „Corporate Culture Nudging“ bezeichnet.

Was sind Nudges?

Die wörtliche Übersetzung des englischen Wortes bedeutet so viel wie „Anschieben“ oder „Anstupsen“. Dahinter verbirgt sich eine Strategie, welche Menschen dazu bewegen soll, sich von selbst für eine Verhaltensweise zu entscheiden, die ihnen von Dritten nahegelegt wird, ohne dass Zwang oder Druck ausgeübt werden. Nudges setzten in der sogenannten „Entscheidungsarchitektur“ an. Dies ist die soziale, emotionale, sprachliche und auch physische Umgebung, in der Menschen Entscheidungen treffen. Entsprechend wird versucht, das Verhalten von Menschen in eine gewünschte Richtung zu bewegen und das resultierende Verhalten vorhersagbar zu machen. Zu achten ist darauf, dass dem Gegenüber stets eine Wahlfreiheit verbleibt, weshalb die Nudges ohne erheblichen Aufwand umgehbar bleiben müssen.

Keine Nudges sind klare Ge- und Verbote, sowie ökonomische Anreize mit klarer Entscheidungsrelevanz.

Welche Idee steckt hinter dem Konzept der Nudges?

Die Verhaltensökonomik nimmt an, dass Menschen sich normalerweise nicht (vollkommen) rational verhalten, was mit der Folge einhergeht, dass sie oftmals nicht die optimalen Entscheidungen für sich selbst treffen. Die Nudges sollten die Menschen durch sanftes „Anstupsen“ dazu bringen, so zu handeln, dass daraus positive Effekte für die Gesellschaft, das Unternehmen oder die Wohlfahrt entstehen – je nachdem, ob eine Regierung, eine Organisation oder Institution oder ein Unternehmen mit Nudges arbeitet. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Aufrechterhaltung der Wahlfreiheit der Individuen.

Nudges in der praktischen Nutzung

Marketing-Agenturen setzen Nudging wohl am bislang effektivsten ein. Die dortigen Mitarbeiter wissen, dass auf Menschen stets unzählige Informationen einprasseln. Wie also bringt man diese Menschen dazu, ihre Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Produkt, auf eine bestimmte Werbeanzeige zu lenken? Marketing-Spezialisten versuchen vor allem, die Komplexität so weit zu begrenzen, dass schon ein Bild oder eine prägnante Schlagzeile beim Rezipienten einen Kaufimpuls auslöst. Wenn Sie durch die Fußgängerzone flanieren, setzen Sie die Smartphone-Hersteller aus Übersee dort nicht unmittelbar unter physischen Druck oder gar Zwang. Ihnen bleibt stets Wahlfreiheit erhalten. Diese Konzerne schaffen es aber dennoch, ihre Botschaften so zu vermitteln, dass Marke und Produkte wahrgenommen und die Menschen zu Käufen bewegt werden.

Wie können Sie Nudges effektiv in Ihrem Unternehmen nutzen?

Nehmen Sie zunächst einmal nach Möglichkeit Abstand von allen Geboten und Verboten, die wenig Nutzen bringen. Sicher sind klare Anweisungen zum Beispiel im Bereich des Arbeitsschutzes absolut notwendig, allerdings können Nudges in allen Bereichen des Unternehmens ihre Wirksamkeit entfalten. Und sei es, um sicherzustellen, dass die wirklich relevanten Ge- und Verbote tatsächlich eingehalten werden.

Machen Sie sich dazu die grundlegenden Funktionsweisen der menschlichen Psyche zunutze, und zwar auf eine Art und Weise, die man als „minimalinvasiv“ bezeichnen könnte, denn wären die Nudges allzu offensiv, wären sie keine Nudges mehr.

Die sechs Grundprinzipien des Nudgings

  • Nudges sollten für alle sinnvoll sein. Das bedeutet, dass das gewünschte Verhalten sowohl nützlich sein sollte, als auch inkludierend ist. Wenn die durch Nudges herbeigeführten Verhaltensänderungen nur einen Teil zum Beispiel Ihrer Belegschaft begünstigen, kann dies nachteilige Effekte haben.
  • Die Wahlfreiheit muss für alle Beteiligten erkennbar bleiben. Subtile Untertöne oder erkennbar sarkastische Äußerungen im Rahmen von Gesprächen, Ansprachen oder schriftlichen Mitteilungen, die eine Verhaltensänderung herbeiführen sollen, sind daher nicht zielführend.
  • Auch die Aufmachung entscheidet. Marketing-Experten wissen schon lange, dass Bilder der wichtigste Teil einer Werbebotschaft sind. Nutzen Sie dieses Wissen und achten Sie darauf, Ihre Botschaften hübsch zu verpacken. Beziehen Sie dies nicht nur auf den Schriftverkehr: Auch die gewählten Räumlichkeiten und deren Ausstattung haben zum Beispiel bei Mitarbeitergesprächen einen ganz ähnlichen Effekt.
  • Die gewünschten, veränderten Verhaltensweisen sollten möglichst einfach und schnell umsetzbar sein. Statt bestehende Strukturen auf einen Schlag umzukrempeln, versuchen Sie besser, viele kleine Schritte mit Ihren Mitarbeitern zu gehen. Dies mag zunächst mühsam klingen, ist im Resultat aber sehr häufig der problem- und reibungslosere Weg zur Veränderung lange bestehender Strukturen
  • Seien Sie menschlich und einfühlsam. Auch wenn Unternehmensleiter und Vorgesetzte oft klare Vorgaben machen müssen, kommt es vor allem beim Nudging darauf an, empathisch zu sein und auf Sorgen und Befürchtungen der Belegschaft einzugehen. Wenn Ihre Mitmenschen wissen, dass Sie sie ernst nehmen, werden sie eher bereit sein, die gewünschte Verhaltensänderung umzusetzen.
  • Zeitliche Nähe ist ebenfalls von Bedeutung. Der Nudge sollte möglichst unmittelbar umsetzbar sein.

Einige Beispiele für Nudges, die Sie in Ihrem Unternehmen anwenden können

  • Ihre Mitarbeiter sollen ermutigt werden, Ihnen ehrlichere Rückmeldungen zu geben, damit Betriebsabläufe verbessert werden können? Hängen Sie an wichtigen Türen kleine Zettel mit der Aufschrift „Heute schon widersprochen?“ auf.
  • Sie möchten die Gesundheit Ihrer Beschäftigten verbessern und sie dazu bewegen, in der Kantine gesünderes Essen zu sich zu nehmen? Hier kann die Beleuchtung helfen: Studien haben gezeigt, dass gedämpftes Licht häufiger dazu führt, dass zu ungesunden Lebensmitteln gegriffen wird, während bei hellerem Licht gesündere Speisen bevorzugt werden. Halten Sie neben der Currywurst also auch eine gesunde Alternative für die Beschäftigten unmittelbar griffbereit. Auch dies ist Nudging.
  • Meetings finden oft in einer verspannten Atmosphäre statt und häufig fällt der Einstieg schwer? Beginnen Sie die nächste Konferenz mit einer gemeinsamen Atem- und / oder Bewegungsübung. Dies schafft Verbundenheit und lockert die Atmosphäre zwangsläufig auf.

Zusammenfassung

Nudging bedient sich Erkenntnissen aus der Verhaltensökonomie und hat das Ziel, das Verhalten anderer Menschen in die von einem Dritten gewünschte Richtung zu lenken. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass Nudging nicht mehr Ver- oder Geboten verwechselt wird und weder Druck noch Zwang ausgeübt werden. Nudging kann dabei helfen, strategische Unternehmensziele zu erreichen, indem einerseits problematisches Verhalten reduziert beziehungsweise verändert wird und andererseits die Beschäftigten nicht dem Gefühl von Druck seitens der Unternehmensführung ausgesetzt sind.

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